Hi climbers,
die Ehrwalder Sonnenspitze (2417m) ist ein imposanter Berg und wird nicht zu unrecht das „Matterhorn Tirols“ genannt. Anton und ich wollten eine Mehrseillängentour gehen, die man in Teilen selber absichern muss, und da fiel die Wahl auf „Schattendasein„, 14 Seillängen, Exposition Westen, eine SL 7-, zwei SL 6+/7-, sieben SL im 6er Bereich, rest leichter, ca. 600 Klettermeter, gebohrte Stände, lange Seillängen, nur wenige gebohrte Zwischenhaken (2-3 pro SL). Im Internet war nicht viel zu finden, kein Topo, ein Bericht hier, der recht positiv ausfällt, eine Beschreibung dort, die immerhin deutlicher vor Bruch warnt.
Um es kurz zu machen: Die Route war in einem hohen Maße splittrig und brüchig, und zwar durchgehend. Im (sehr guten) Topo aus dem Panico-Alpinverlag-Führer ist nur an der ein oder anderen Stelle von Bruch die Rede. Rechte Freude am Klettern wollte daher nicht aufkommen.
- Zustieg: schon dieser ist recht speziell: am Wandfuß der Sonnenspitze noch ein paar hundert Höhenmeter unterhalb der Biberwierer Scharte geht es durch eine Rinne, die unglaublich verblockt ist und an zwei, drei Stellen Fixseile installiert hat. Diese sind — wie das gesamte Schlingenmaterial in der Route selbst — recht alt, eine war sogar abgerissen. Wiederholer sollten sich vielleicht erbarmen und altes Kletterseil (mind. 20m für das abgerissene Fixseil, etliche weitere Meter für Schlingen in der Wand) mitnehmen und installieren wenn möglich. Feste Schuhe (ich hatte nur Turnschuhe) sind unbedingt anzuraten, auch wegen dem diffizilen Abstieg über den Normalweg,
- Wir hatten zwei Vorsteigerstürze wegen Griffausbruch; mir ist nichts passiert, Anton hat sich den Fuß verstaucht, konnte aber mit Hilfe von Dr. Ibu weiterklettern. Der Bruch ist einfach keine reine Freude. Immerhin lernt man zwangsläufig in dieser Route weich zu greifen, vorsichtig zu klettern und einfach auf alles gefasst zu sein. In der dritten Seillänge gibt es kurz vor dem Stand einen körpergroßen Zapfen, den man fast zwangsläufig greifen und treten muss, da die Wand darüber glatt und abdrängend ist. Darüber ist zwar netterweise ein Bohrhaken, aber dennoch würde ich nur ungern mit dem instabilen Ding vor meinem Körper abrauschen.
- Am Stand der vierten Seillänge lief das Seil beim Einholen über die offenbar bereits lockere Mutter des unteren der beiden Bohrhaken, drehte sie komplett auf und Anton war plötzlich nur noch an einem Bohrhaken gesichert. Die Mutter hatte sich Richtung Tal verabschiedet. Wiederholer sollten also unbedingt eine oder zwei Ersatzmuttern, eine Beilagscheibe und zur Sicherheit eine Bohrhakenlasche sowie einen Schraubenschlüssel dabei haben.
- Den Stand der 5. Seillänge (nur 20m Gehgelände) sollte man mit einem 2er Cam verstärken, nur ein BH vorhanden!
- Generell braucht man ein Sortiment Keile und ebenso Cams in dieser Tour zum Selberabsichern.
- Die 6. Seillänge ist richtig, richtig brüchig; hier flog Anton, an einem Griff, den er auch mit aller Vorsicht als sicher eingeschätzt hatte.
- Durch den ganzen Bruch gibt es natürlich Steinschlag ohne Ende, auch und vor allem durch die Seilbewegungen. Immerhin sind die Stände fast durchweg an günstigen Stellen gebohrt, die einigermaßen Schutz bieten. Dennoch: als 2. Seilschaft würden wir nie und nimmer in diese Tour einsteigen! (Die Gefahr ist allerdings recht gering – ich schätze, diese Tour hat seit 2006 keine 20 Begehungen insgesamt).
- An der Kante der Ausstiegsseillänge, etwa 20m rechts vom Gipfelkreuz, liegen große Brocken rum, die einen locker erschlagen könnten; dummerweise läuft hier das Seil durch. Erhöhte Vorsicht!
- In der Wandbuch-Kartusche am Ende der 13. Seillänge ist leider kein Wandbuch mehr vorzufinden – Wiederholer sollten evtl. ein Heftchen und ein oder zwei Schreibstifte mitnehmen…
- Generell eine ernste alpine Unternehmung mit nicht unerheblichen Gefahren. Wir würden die Tour nicht nochmal wiederholen. Nicht falsch verstehen: Die Tour kann nur so gut sein, wie es der Fels hergibt. Und der ist halt nunmal in dieser schönen Wand brüchig, leider. Wirklich schön ist, dass man oben am Gipfel aussteigt – und nicht über die Route abseilen muss, was durch den Steinschlag richtig gefährlich werden könnte.
- Auch ein Rückzug ist nach und aufgrund der dritten Seillänge, die ziemlich quer nach rechts verläuft, nur noch schwer möglich; zudem sind die Stände nicht für’s Abseilen eingerichtet.
- Wir haben für die 14 Seillängen gut sieben Stunden gebraucht.
- Abstieg: über den Normalweg – auch nicht ganz ohne, da sehr steil und teilweise abgespeckt. Absturzgelände! Möchte nicht wissen, wie das bei Nässe wäre…
Dennoch sind wir froh, die Tour gemacht zu haben, das ein oder andere hätte aber auch gründlicher schiefgehen können. Wiederholer sollten sich der Ernsthaftigkeit dieser Route bewusst sein.

Zustieg: Hier am besten durch die Latschen nach links und das Geröllfeld bis zur Schlucht am Wandfuß